Highlight war ein Konzert mit Lydie Auvray
Im Juli veranstaltete Miroslaw Tybora den 4. Winterberger Akkordeon-Sommerkurs im Gästehaus Astenblick in Langewiese. Die Idee dazu ist im Dezember 2020 während des zweiten langen Corona-Lockdown entstanden: Aktive Akkordeonistinnen und Akkordeonisten aus verschiedenen Ensembles und Arbeitskreisen in unterschiedlichen Leistungsniveaus sollten für eine Woche – ab 2022 für fünf Tage von Mittwoch bis Sonntag – zusammentreffen, um sich über verschiedene Themen rund um das Akkordeon auszutauschen und vor allem miteinander zu musizieren. Stücke werden dabei in Kammermusikbesetzungen – wie Duo, Trio oder Quartett – einstudiert; es wird aber auch ein Werk im Gesamtensemble geprobt. Das war dieses Jahr das “Adagio for Strings” von Samuel Barber im Arrangement von Stephan Hippe. Ziel ist jeweils eine Präsentation in einem internen Vorspiel am Sonntag. In diesem kleinen Rahmen mit sieben bis neun Teilnehmenden lassen sich die Ziele bestens umsetzen.
Seit zwei Jahren werden auch interne Wettbewerbe durchgeführt, um die Motivation zur Vorbereitung auf den Kurs zu erhöhen. Die Teilnehmenden tauschen sich dabei sowohl über die Bewertung als auch über ihre Methoden der Vorbereitung aus. Preisträger waren 2023 Manuela Heinen aus Bedburg und Matthias Nettmann aus Schwerte. In diesem Jahr waren es in der Kategorie 1 Verena Funtenberger aus Essen und in der Kategorie 2 wieder Manuela Heinen.
Schon beim ersten Sommerkurs, der in Kooperation mit Heidi Luosujärvi aus Finnland, Prof. an der Anton Bruckner Privatuniversität, organisiert wurde, aber auch in diesem Jahr gab es wieder die Möglichkeit, Instrumente durch den Akkordeonbauer Wolfgang Bratz aus Velbert überprüfen zu lassen. 2023 war der Bandoneonbauer Harry Geuns aus Belgien zu Gast. An den Samstagen werden immer Vorträge und ein Konzert eingeplant. Dieses Jahr referierte Miroslaw Tybora über “Notenauswahl und Transkriptionen für das Akkordeon” und Anita Brandtstäter (Akkordeon-Orchester Wesseling) über die “Akkordeonszene in Nordrhein-Westfalen – Deutscher Harmonika-Verband, Orchester, Veranstaltungen, Literatur…”. Während des 4. Sommerkurses gab es auch einen Kino-Abend mit dem deutschen Film aus dem Jahr 2003 “Schultze Gets The Blues” – der Soundtrack fällt durch Zydeco- und Cajun-Musik aus Lousiana sowie Polka aus Deutschland auf. Vor Ort präsentierte außerdem der Essener Augemus-Verlag Noten.
Die Konzerte werden seit zwei Jahren in Kooperation mit der Stadt Winterberg und dem Förderverein für Kultur, Denkmalpflege und Naturschutz Züschen in Borgs Scheune öffentlich veranstaltet. 2022 konnte man neben einem Konzert des polnischen Tango-Quartetts Cuarteto Re!Tango in der Besetzung Bandoneon, Violine, Klavier und Kontrabass in den Museumsräumen außerdem historische Instrumente aus der Sammlung des polnischen Akkordeonisten und Bandoneonspielers Pawel Nowak ausstellen. 2023 präsentierten sich dort Jörg Siebenhaar, Akkordeon, und Thomas Hanz, Gitarre, als Duo Loro mit Musik so bunt wie ein Papagei: mit Elementen des Flamenco, des Jazz, aus südamerikanischer Folklore, mit eigenen Kompositionen und viel Improvisation.
Miroslaw Tybora hatte es geschafft, dieses Jahr die bekannte Akkordeonistin Lydie Auvray, die “Grand Dame des Akkordeons”, mit ihrem Soloprogramm “Mon Voyage” nach Züschen in Borgs Scheune zu bekommen, stehen in ihrem Tour-Kalender doch auch Konzerte in Köln, Bonn, München oder Hannover. Die 70 Plätze im Heimatmuseum waren ausverkauft – und die Künstlerin konnte ihr Publikum “ganz nah” verzaubern. Mit ihrer vielfältigen Musik – mal rasant, mal melancholisch -, aber auch mit ihrem einnehmenden Charme, ihrem französischen Akzent und den humorvollen Anekdoten, gewann sie leicht die Sympathien.
Ihr Programm heißt “Mon Voyage” – ist es doch eine Reise durch ihre 47-jährige Bühnenlaufbahn – “Ich habe halt sehr früh angefangen”, aber auch eine bunte Mischung aus Musette-Walzern und Javas, Tangos, Klängen der Karibik – sie lebte einige Zeit auf der Insel Martinique – gemischt mit etwas Jazz. Dabei sind auch einige ans Herz gehende Chansons, die sie authentisch mit einer warmen Stimme vorträgt und sich dabei schlicht begleitet.
Insgesamt stellte sie Musik aus sieben ihrer 23 Alben vor: “Janvier a Paris” und “Im Sibierien-Express” aus “Air de Decembre” von 2021, “Couscous a la Véro” – etwas orientalisch – und “Der Fuhrmann” aus “Mon Voyage” von 2020, “Macho Picchu”, “Tournicoti”, “Pour toi” – ein Lied für ihren Vater, der ihr eine Karriere als Musikerin ermöglicht hat -, “Aller Retour” über die Verabschiedung der Tochter und “La Java d`Manu” aus “Musetteries” von 2015, “Septante Deux”, “Das Meer” und “Julia” aus “Trois Couleurs” von 2012, “Guinguette”, “Chimere” und “Joschi” aus Regards” von 2006, “Java en -on” und das Lied “Accordéon” von Serge Gainsbourg aus “Pure” vom 2004 und als wirkungsvollen Schluss den “Tango terrible” aus dem gleichnamigen Album von 1994, “mit Schmackes” interpretiert.
Auf dem Programm war also Musik ohne Grenzen, im wahrsten Sinn des Wortes “Weltmusik”, vorwiegend aus ihrer Feder, jenseits von Stereotypen aus der Volks- und Schlagermusik – Lebensfreude pur! Der Applaus mit Standing Ovations des Publikums wurde mit zwei Zugaben belohnt: “Seifenblase” in Erinnerung an den Clown Pic im Circus Roncalli und “Feuilles mortes” – mit Abgang von der “Bühne”.